Ein Kampf gegen Windmühlen
Natalie Gratwohl · Für die Kundenberaterin in einer Bank begann der Tag wie jeder andere auch: Sie schaltete ihren Computer ein und machte sich auf den Weg in die Cafeteria. Da der PC mindestens eine Viertelstunde zum Aufstarten benötigte, hatte sie genügend Zeit, um einen Kaffee zu trinken. Doch vor der Kaffeemaschine stellte sie fest, dass ihr Guthaben auf der Karte aufgebraucht war. Zurück am Arbeitsplatz öffnete sie das E-Mail-Postfach, das auch eine Nachricht ihrer Chefin enthielt. Verschiedene Aufträge könnten nach der Datenmigration nicht mehr ausgeführt werden, stellte ihre Vorgesetzte fest. Es folgten ein paar Zeilen, aus denen die Kundenberaterin herauslas, dass sie dieses Problem heute lösen musste. Da sie vor einigen Wochen einer ähnlichen Sache nachgegangen war, ahnte sie, dass sie dieser Auftrag wohl einige Stunden kosten würde. Der Kaffee war vergessen.
Da die Prozesse und Zuständigkeiten nicht klar geregelt waren, wandte sie sich an den Ansprechpartner, der ihr das letzte Mal weitergeholfen hatte. Dieser fühlte sich aber nicht zuständig und verwies sie an einen Kollegen, bei dem sie ebenfalls auflief. Sie tätigte Anrufe, schrieb E-Mails und füllte Online-Formulare aus. Manchmal erhielt sie gar keine Rückmeldung, oder der Anrufbeantworter war eingeschaltet. Am Ende landete sie wieder bei der ersten Person, an die sie sich gewandt hatte.
Sie atmete tief durch und dachte, dass es im täglichen Kampf gegen die Windmühlen heute wohl nicht mehr schlimmer kommen könnte. Gerade in diesem Moment tauchte ein Mitarbeiter der Rechtsabteilung bei ihr auf und wies sie ausführlich auf ein neues Formular hin, welches sie nicht eingereicht hatte. Das passt ins Bild, dachte sie, und liess den Vortrag über sich ergehen. Die Machtverhältnisse zwischen dem Kundengeschäft und der Rechtsabteilung hatten sich nämlich längst zugunsten Letzterer verschoben. Ihre Vorgesetzte hatte sie mehrmals ermahnt, sie solle es sich mit den Verantwortlichen in diesem Bereich nicht verscherzen. Seither versuchte sie, den Kontakt auf ein Minimum zu beschränken. Dies hatte allerdings auch zur Folge, dass sie sich auf einfachere Kundenbeziehungen fokussierte, die zwar meist nicht so lukrativ waren, dafür aber viel weniger Aufwand bedeuteten.
Die Kundenbetreuung war seit einigen Monaten ohnehin aufwendiger geworden, da sich die Prozesse geändert hatten. Seit eigens eine Supportabteilung für das Kundengeschäft aufgebaut worden war, häuften sich Doppelspurigkeiten, Missverständnisse und Fehler. Anstatt weniger hatte sie nun mehr zu tun, weil sie dafür sorgen musste, dass die Kunden von den internen Problemen nichts mitbekamen. So schaffte sie es gerade noch, einen Fehler zu korrigieren, um beim anschliessenden Mittagessen mit einem wichtigen Kunden nicht blöd dazustehen.
Der Nachmittag war wie üblich mit diversen Sitzungen belegt. Im Koordinations-Meeting wollte sie sich Notizen machen, doch da die Diskussionen nichts Neues brachten, liess sie es bleiben und versuchte stattdessen, möglichst dezent ein paar aufgestaute E-Mails abzuarbeiten. Und da sah sie plötzlich die rettende Nachricht, mit der sie den Auftrag ihrer Chefin als erfüllt betrachten konnte. Sie informierte ihre Vorgesetzte, dass das Problem gelöst sei, und erhielt umgehend eine Antwort. Soeben habe sie die neusten Zahlen zu den akquirierten Kundengeldern erhalten, schrieb die Chefin und lieferte ein paar allgemeine Erklärungen, welche die Kundenberaterin bereits aus den Teamsitzungen kannte. Die Nachricht endete mit den Worten: «Ich erwarte, dass Sie sich im nächsten Quartal engagierter um die Kunden kümmern und mehr Abschlüsse erzielen.»
Aus dem NZZ-E-Paper vom 12.07.2018
Quelle: https://www.nzz.ch/wirtschaft/der-taegliche-kampf-gegen-die-windmuehlen-ld.1402860
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Dr. Beat Kropf
CEO/Managing Director
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